Pressemeldungen zählen noch immer zu den drei
wichtigsten Informationsmittel für Redaktionen. Zugleich aber nervt 40 Prozent
der Journalisten unprofessionelles Pressematerial, so das Ergebnis des
Medien-Trendmonitors 2017 von news aktuell. In Zeiten professionalisierter
Unternehmenskommunikation ist dies eine alarmierende Zahl.
Dass die Klage der Journalisten nicht aus der Luft
gegriffen ist, zeigten die Automechanika 2018 oder auch die Internationale
Automobilausstellung (IAA) 2019. Sie waren wieder einmal eine Leistungsshow
deutscher und internationaler Ingenieurskunst. Besonders die mittelständischen
Zulieferer, Zubehöranbieter und Firmen aus dem Aftermarketbereich beeindruckten
mit ihrer Produktkompetenz. Diesen Eindruck teilten viele Journalisten.
Gleichzeitig beklagten einige Redakteure die unprofessionellen Presseunterlagen
von nicht wenigen ausstellenden Unternehmen. Was sie monierten, waren nicht nur
sprachliche Irrläufer wie verschachtelter Satzbau, passive Formulieren oder
Füllwörter. Ihre besondere Kritik galt den inhaltlichen Mängeln: werbliche
Floskeln, Fachtermini, leere Begriffe wie innovativ oder kompetent,
verschönernde Adjektive sowie Superlative – und dies in epischem Umfang. Was
dagegen fehlte: Fakten, Nutzen, wirkliche Neuigkeiten und dies alles möglichst
komprimiert.
Dies bestätigt, dass nicht selten die Pressearbeit
mittelständischer Firmen - natürlich nicht nur aus dem Automobilbereich – sehr
marketinggetrieben ist, wo doch eher PR-Kenntnisse und PR-Erfahrungen gefragt
wären. Dies hängt auch mit den Strukturen der Unternehmen zusammen. Vielfach
wird Pressearbeit vom Marketing nebenher mitgemacht. Dann wird schnell aus
einer Marketinginformation eben eine Presseinformation. Doch je werblicher der
Text, desto größer wird das Spannungsfeld zwischen Verfasser und Rezipient. Das
Unternehmen verfolgt eher die Intention der Selbstdarstellung, während der
Redakteur den Text als Informationsquelle nutzen möchte.
Keine werblichen Texte für die Pressemeldung
Journalistische Texte sind ein eigenes Genre, und
dafür kann man keine Werbetexte verwenden. Damit wird nicht nur die Zielgruppe
verfehlt. Sind die Texte werblich, in schwer verständlichem Sprachstil verfasst
und ohne redaktionelle Substanz, erfüllen sie nicht den Anspruch an eine
professionelle Pressemeldung: Erhalten Redakteure eben nicht diese informative,
glaubwürdige Information, werden sie diese Form der Meldung ignorieren. Und
schlimmer noch, das Unternehmen bleibt als Absender negativ im Gedächtnis hängen.
In die gleiche Falle laufen auch Tochterunternehmen internationaler Konzerne,
wenn sie beispielsweise anlässlich von Messen die globalen Pressetexte einfach
übernehmen. Insbesondere Pressemitteilungen anglo-amerikanischer Unternehmen
entsprechen vielfach nicht den Anforderungen deutscher Redaktionen, da sie
deutlich werblicher formuliert sind. Sie sollten daher überarbeitet werden, was
aber in vielen Fällen nicht passiert, wie das Beispiel Automechanika zeigt.
Entweder sind es lediglich reine Übersetzungen oder es wurde der Einfachheit
halber die englische Pressemappe ausgelegt. Dies erschwert deutlich die Arbeit
deutscher Journalisten.
Gehen Sie die Pressemitteilung professionell an.
Dafür braucht es Fachkenntnisse und die Regeln müssen bekannt sein. Zwei
Faktoren sind dabei entscheidend: die Fähigkeit, journalistisches zu schreiben
einerseits sowie das Verständnis von den Notwendigkeiten und Bedürfnissen auf
Unternehmensseite andererseits.
Das 1x1 einer Pressemeldung - Der Aufbau einer Pressemeldung
Relevant sein und Interesse wecken
Redaktionen erhalten täglich eine Vielzahl von Presseinformationen. Laut
einer Online-Umfrage von news aktuell bekommt jeder Dritte der befragten
Journalisten mehr als 50 Pressemitteilungen am Tag, bei acht Prozent der
Umfrageteilnehmer landen mehr als 200 Mails mit Pressemeldungen im Postfach.
Folge: Die Entscheidung, ob eine Mitteilung interessant ist, fällt häufig in
wenigen Sekunden. Dabei sind zwei Faktoren entscheidend: Relevanz und
Interesse.
Relevanz meint: Im Vordergrund der Pressemitteilung müssen die Fakten
stehen. Der News-Faktor ist dabei der wichtigste, denn keine Redaktion benötigt
Zahlen oder Informationen, die bereits allgemein bekannt oder veraltet sind.
Erfährt der Redakteur etwas Neues und ist diese Information aktuell, kann er
sie in seinem Ressort nutzen. Es macht daher keinen Sinn, eine Meldung über mit
Produktinformationen zu einem neuen Reifen an die Wirtschaftsredaktion zu
senden. Anders verhält es sich, wenn die Meldung darüber informiert, dass neue
Mitarbeiter eingestellt werden, damit der Reifen produziert werden kann. Dies
ist dann weniger für die Autoredaktion als für den Wirtschaftsredakteur interessant.
Interesse bedeutet, dass in kürzester Zeit das Interesse des Empfängers der
Meldung geweckt werden muss. Daher sind der Aufbau und Sprachstil der
Pressemeldung entscheidend. Die Pressemitteilung besteht aus der Überschrift,
die Aufmerksamkeit erregen soll, dem Vorspann mit einem Überblick über den
Inhalt, dem Fließtext, dem Abbinder, den Kontaktdaten sowie Bilder und
Bildunterschriften.
Überschrift soll neugierig machen
Die Überschrift der Pressemitteilung muss informativ, prägnant sowie
verständlich sein und nach Möglichkeit nicht länger als eine Zeile. Der
Überschrift folgt der Vorspann. Er hat die Funktion, die wichtigsten
Botschaften schon vor der eigentlichen Mitteilung kurz und knapp entweder in
zwei Bullet Points oder Sätzen zusammenzufassen. Da die überwiegende Zahl der
Pressemitteilungen per E-Mail versandt wird, ist die Betreffzeile relevant. Sie
muss eindeutig sein und sofort anzeigen, worum es sich handelt. Das heißt,
„Presseinformation“ oder „Pressemitteilung“ allein reicht nicht aus. Im Idealfall
sollte deshalb die Überschrift hinter „Pressemitteilung“ eingefügt werden, um
das Thema auf einen Blick anzuzeigen. Ist die Überschrift für eine Betreffzeile
zu lang, kann sie sinngemäß gekürzt werden.
Überschriften von Pressemitteilungen weisen typische stilistische Merkmale
wie den Telegrammstil oder eine Satzkürzung auf: Die Überschrift besteht nicht
aus einem vollständigen Satz, da Wörter fehlen. Der Leser muss jedoch in der
Lage sein, die fehlenden Satzbausteine selbstständig zu ergänzen (z. B. „Im
Juni weniger Arbeitslose“ statt „Im Juni gibt es weniger Arbeitslose“). Da das
Verb eine Überschrift prägnanter, inhaltlich deutlicher sowie stilistisch
eleganter macht, sollte es dort nicht fehlen. Satzzeichen sollten in
Überschriften vermieden werden. Fragezeichen, Ausrufezeichen oder der Punkt am
Ende sind nicht üblich und werden höchstens von der Boulevardpresse als Mittel
der Emotionalisierung genutzt. Pressemitteilungen dagegen wirken so wenig
seriös und eher unglaubwürdig.
Nach der Überschrift und dem Vorspann kommt der Fließtext. Hier sollte
bereits nach dem Überfliegen der ersten Zeilen der Redakteurin oder dem
Redakteur klar sein, worum es geht. Eine Pressemitteilung sollte der Redaktion
nur die wesentlichen Informationen unterbreiten und ohne viel Fach- und/oder
Hintergrundwissen verständlich sein.
Die W-Fragen
Bei einer guten Pressemitteilung werden die W-Fragen der goldenen Regel im
ersten Absatz des Fließtextes beantwortet. Die Fakten oder ein Sachverhalt
werden durch Beantwortung der sieben W-Fragen dargestellt: Wer? Was? Wann? Wo?
Wie? Warum? Woher? Die Reihenfolge der Antworten orientiert sich an Thema,
Medium und redaktioneller Politik. In einem Satz können auch mehrere Fragen
beantwortet werden, nicht immer müssen alle W-Fragen thematisiert werden.
Folgende zwei Beispiel aus von mir erstellten Pressemeldungen erläutern
das Vorgehen:
Beispiel 1: Pressemeldung zu einer Kampagne
Marzena Szojda ist heute von Goodyear und dem Automobilclub von
Deutschland (AvD) als „Heldin der Straße des Jahres“ ausgezeichnet worden. Die
Busfahrerin hat das Eishockeyteam der Grizzlys Wolfsburg durch ihr beherztes
Eingreifen vor einem katastrophalen Busunfall bewahrt. Dafür ist sie im
Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur in Berlin geehrt
worden. Staatssekretärin Dorothee Bär und die Jury überreichten stellvertretend
für Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt, dem Schirmherren der
Verkehrssicherheitsaktion, die Auszeichnung.
(Wer)
hat was getan: Goodyear, AvD, Bundesministerium für Verkehr und
digitale Infrastruktur
(Was)
wurde getan: Verleihung der Auszeichnung „Heldin der Straße des
Jahres“
(Wie)
wurde es getan: im Rahmen einer Preisverleihung
(Warum)
wurde es getan: Die Busfahrerin Marzena Szojda hat das
Eishockeyteam der Grizzlys Wolfsburg durch ihr beherztes Eingreifen vor einem
katastrophalen Busunfall bewahrt
(Wo)
wurde es getan: Bundesministerium für Verkehr und digitale
Infrastruktur in Berlin
(Wann)
wurde es getan: Dezember
(Woher)
ist die Information: Goodyear
Beispiel 1: Pressemeldung zu einem neuen Produkt
Die Danzer Group präsentiert zur diesjährigen Messe Interzum eine selbst
entwickelte Oberfläche aus Echtholz mit dem Namen Vinterio. Als weltweit erstes
Produkt kombiniert Vinterio die Vorzüge einer Echtholzoberfläche mit den
Eigenschaften von Folienoberflächen. Damit ermöglicht sie neue dekorative
Anwendungs- und Designmöglichkeiten. Die neue Holzoberfläche ist
kosteneffizienter zu verarbeiten als klassische Holzoberflächen.
Materialausnutzung und -kosten können verlässlich kalkuliert werden.
(Wer)
hat was getan: Danzer Group
(Was)
wurde getan: Einführung einer neuen Holzoberfläche mit den
Namen Vinterio
(Wie)
wurde es getan: Durch eigene Entwicklung
(Warum)
wurde es getan: Um neue Anwendungs- und Designmöglichkeiten
von Holzoberflächen zu ermöglichen
(Wann)
wurde es getan: Zur Messe Interzum
(Woher)
ist die Information: Danzer Group
Wichtig: Das Wichtigste sollte zuerst geschrieben werden. Die nachfolgenden
Informationen werden immer unwichtiger (der Redakteur oder die Redakteurin
kürzt von hinten nach vorn). Einzelheiten und Zusatzinformationen stehen am
Ende. Wo und bei wem weitere Informationen zum Thema der Pressemitteilung
erhältlich sind, folgt dem Haupttext durch Angabe des Pressekontakts. Durch
Zitate von beteiligten Personen wird der Text abwechslungsreicher. Sie haben
für die Journalistinnen und Journalisten den Vorteil, dass ihr Inhalt bereits
mit der Zitatgeberin oder dem Zitatgeber abgestimmt ist, weswegen sie gern
übernommen werden. Dafür muss jedoch von Absenderseite aus gewährleistet sein,
dass die Zitate in der Pressemitteilung korrekt und von der betreffenden Person
autorisiert sind.
Grundsätzlich solle beim üblichen Bei E-Mail-Versand die Mail die Mail im
Textformat und nicht im HTML-Format verschickt werden. Viele Redakteure hätten
den Text der Pressemeldung gerne zusätzlich als Worddokument im Anhang.
Der Abbinder und Kontakt
Am Ende jeder Pressemitteilung steht ein sogenannter Abbinder. Darin sind
die wichtigsten Informationen zum Absender der Meldung kurz zusammengefasst.
Der Abbinder sollte in einer kleineren Schriftgröße verfasst sein, damit er
sich optisch von der eigentlichen Meldung unterscheidet und als
Zusatzinformation wahrgenommen wird. Der Pressekontakt dient der Redaktion als
zentrale Ansprechperson für alle Fragen zum Thema der Pressemitteilung (für
Hintergrundinformationen, zur Anforderung von Bildmaterial etc.). Wichtig ist
es deshalb, hier den Namen einer konkreten Person mit direkter Durchwahl und
E-Mail-Adresse anzugeben, damit die Redaktionen bei Bedarf schnell und ohne
Umwege Antworten und Zulieferungen anfordern können.
Bild und Bildunterschrift
Redaktionen sind dankbar für kostenfreie Fotos, Grafiken oder
Illustrationen, wenn sie zum Inhalt der Pressemeldung passen und ein
interessantes und aussagekräftiges Motiv bieten. Wird die Meldung mit E-Mail
versendet, kann das Bildmaterial kann entweder als Dateianhang angehängt oder
per Link zum herunter laden bereit gestellt werden. Das Fotomaterial
sollte eine Auflösung von 300 dpi im Druckformat 13 x 18 cm und maximal 3 MB
groß sein. Jedes Bild oder Foto, jede Infografik oder Illustration muss eine
Bildunterschrift haben, die gut formuliert, kurz und prägnant ist. Der Urheber
des Bildes ist immer zu nennen. Verwendet man als Autor eigene Fotos und
Grafiken, an denen man sämtliche Urheberrechte hat, sollte man sich selbst als
Urheber angeben.
Umfang, Sprache und Stil einer Pressemitteilung
Eine Pressemitteilung ist nur dann erfolgreich, wenn sie für die Zielgruppe
leicht zu lesen, interessant und verständlich ist. Auf Fachjargon und lange
Sätze sollte man daher verzichten. Die folgenden universellen Regeln sind
entscheidend für eine gute Sprache und einen guten Stil:
Umfang
einer Pressemitteilung sollte maximal drei Seiten in DIN
A4-Format haben. Die Meldung sollte in kurzen
Sätzen mit maximal. 20
Wörter geschrieben werden. Kurze, unkomplizierte Sätze sind immer
verständlicher als lange, verschachtelte Sätze. Deshalb sollte Nebensätze nur
sparsam verwenden werden, Schachtelsätze überhaupt nicht.
Füllwörter
sind in einer Pressemitteilung überflüssig (insbesondere,
natürlich, eben, nun, schon, eigentlich). Die Bedeutung eines Satzes wird nicht
verändert, wenn Füllwörter gestrichen werden. Pressemitteilungen werden so
kürzer und prägnanter.
Modewörter
sind zu vermeiden. Sie sind oft inhaltlich vage, unpräzise
und ohne konkrete Bedeutung (Kompetent, innovativ, global, nachhaltig).
Anglizismen
sind mit Vorsicht einzusetzen. Die (teilweise nur vermeintlich)
aus dem englischen Sprachraum stammenden Wörter (z. B. Handy, Daten, Internet,
Talkmaster) sollen Sachverhalte internationaler klingen lassen, dienen jedoch
oft der Manipulation und führen zu Missverständnissen.
Fachtermini
und Fremdwörter sorgen bei Fachkommunikation für den
präzisen Austausch. Um für Laien verständlich zu werden, sollten sie stets
erklärt und Übersetzungen angeboten werden. Gibt es eine deutsche Entsprechung
dafür, ist diese zu verwenden.
Der Nominalstil
(Anhäufungen von Substantiven) macht Sätze abstrakt
und langweilig. Der Verbalstil (der Gebrauch von Verben) kommt den Lesern mehr
entgegen. Verben machen Texte konkreter und lebendiger. Substantivierte Verben
(mit den Endungen -ung, -heit, -keit sollte man vermeiden und Verben statt
Substantivierungen nutzen („wir bieten“ statt „unser Angebot umfasst“).
Aktiv-Sätze
sind besser als Passiv-Sätze. Letztere sind häufig lang,
unpersönlich und erinnern mit ihrem komplizierten Satzbau an eine steife
Verwaltungssprache. Passiv-Konstruktionen sind zwar nicht falsch, sollten aber
sparsam eingesetzt werden („wir produzieren“ statt „es wird produziert“).
Redundanzen
– Wort- oder inhaltliche Wiederholungen – machen einen
Text unkreativ, monoton und unnötig lang. Es gibt jedoch auch notwendige Wortwiederholungen,
zum Beispiel zentrale Begriffe eines Themas oder Sachverhalts. Besonders
Fachtermini, die einmal eingeführt und definiert wurden, werden vom Leser durch
gezielt eingesetzte Wiederholungen besser verstanden.
Beispiele, Metaphern und Vergleiche
machen komplexe Sachverhalte und
abstrakte Aussagen fassbarer. Aber auch sie sind sparsam und gezielt
einzusetzen. Metaphern sind nur ratsam, wenn sie eine Aussage oder einen
Sachverhalt eindeutig darstellen.
Bei der Presseinformation gilt: Viel hilft nicht viel. Im Gegenteil: Viel
eingehendes Material ohne passenden Ressortbezug und mit werbelastigen
Botschaften fällt im Zweifel lästig und relativiert in der Redaktion die
Aufmerksamkeit gegenüber dem Absender. Umso wichtiger ist es, die Pressemeldung
pointiert inhaltlich auszurichten und treffsicher zu formulieren. Inhaltlich
und handwerklich gut gemachte Pressemitteilungen sind für Redaktion
interessant. Erfüllt sie diese Voraussetzungen, dann ist sie nach wie vor eine
wichtige Informationsquelle der täglichen Arbeit von Redakteuren.